1. Das Ende der Gutsherrschaft

Nach dem militärischen Zusammenbruch des Deutschen Reiches musste Kaiser Wilhelm II. am 09.11.1918 abdanken. Durch den Waffenstillstand mit Frankreich endete am 11.11. der 1. Weltkrieg. Die Novemberrevolution verwandelte das deutsche Kaiserreich in eine Republik. Die auf dem Gebiet des Kaiserreiches verbliebenen regierenden 19 fürstlichen Häuser wurden abgeschafft. Am 13.11. beendete in Sachsen der seit 1904 regierende volkstümliche König Friedrich August III. (* 1865 † 1932) mit dem noch heute sprichwörtlichen Satz: „Machd doch eiern Drägg ileene!“ die über 800jährige Regierungszeit der Wettiner. Sachsen wurde Republik und bezeichnete sich in der Verfassung vom 01.11.1920 als Freistaat. Das Herzogtum (vormals Fürstentum) Anhalt, mit der Hauptstadt Dessau wurde ein Land des Deutschen Reiches und Freistaat.

Thüringen bestand zuletzt aus dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, den drei Herzogtümern Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha und den vier Fürstentümern Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß ältere Linie (Greiz) und Reuß jüngere Linie (Gera). Nachdem die Fürsten formell abgedankt hatten wurden die thüringischen Fürstentümer im November 1918 Freistaaten und vereinigten sich, mit Ausnahme des Landesteils Coburg, am 01.05.1920 zum Land Thüringen mit der Hauptstadt Weimar. Erfurt gehörte noch nicht dazu, da Preußen seine Enklave nicht aufgeben wollte. Coburg stimmte für den Anschluss an Bayern. Durch die Verfassung von 1921 wurde Thüringen Freistaat.

Die provisorische Nationalversammlung der Republik Deutsch-Österreich beschließt am 03.04.1919 das „Gesetz zur Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden.“ Den österreichischen Adligen wird darin unter Strafe verboten (bis heute), fortan ihren Adelstitel oder Wappen im öffentlichen Leben zu tragen.

In Deutschland wurde der Adel mit dem Artikel 109, Absatz 3 und dessen politischer Funktion mit dem Inkrafttreten der „Weimarer Verfassung“ am 11.08.1919 abgeschafft. Die Privilegien des Adels wurden Großteils aufgehoben, dessen Besitzrechte aber nicht angetastet. Die Weimarer Verfassung reduzierte den hohen und den niederen Adel und seine Titel auf einen reinen Namensbestandteil. „Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden.“ Titel die auf Ämtern beruhen (Herzog, Fürst, König, Kaiser) wurden mit diesen abgeschafft und dürfen nicht weiterverliehen oder vererbt werden. Angehörige dieser ehemaligen regierenden Familien führen den Titel Prinz oder Prinzessin. Nicht davon betroffen sind Freiherren und Grafen. Den Adels-Namen richtig und unverkürzt zu führen, wurde und blieb ein Persönlichkeitsrecht, das jedermann zusteht, also auch Adligen; allerdings fand nun eine Umstellung statt: aus dem Graf Adelbert Karl Werner von der Schulenburg wurde nun ein Adelbert Karl Werner (=Vorname) Graf von der Schulenburg (=Familienname). Nach heutigem deutschem Bundesrecht sind die bisherigen Adelstitel, bürgerliche Namensbestandteile, nicht allerdings die dazugehörigen Anreden, da der Artikel der Weimarer Reichsverfassung weiterhin gültig ist.

Im Artikel 155 ist das Gebot zur Auflösung der Fideikommisse verankert. Im Jahre 1918 wurde das Kirchenpatronat (staatliche Oberaufsicht) abgeschafft. Am 12.11.1918 wurden die Gesindeordnung und das Dreiklassenwahlrecht (seit 1849 allgemeines, indirektes, ungleiches, an die Steuerleistung der Wähler gebundenes Wahlrecht) aufgehoben. Die Reichsreform in der Weimarer Republik sollte für Verwaltungsverbesserungen und kleinere Neugliederungen im Deutschen Reich (Beseitigung von En- und Exklaven usw.) sorgen.
Die Inflation fängt nach Kriegsende zu galoppieren an. Die Preise steigen so schnell, dass die Hausfrauen rennen müssen, um für den Lohn ihrer Männer etwas kaufen zu können.

Burgscheidungen hatte am 08.10.1919 232 und Kirchscheidungen 366 Einwohner.

In Salt Lake City oder Ogden (Utah, USA) lebte zu dieser Zeit ein Thomas von Rockhausen (oo Lillian A. Johnson * 25.08.1898 in Utah † 13.03.1976 in Salt Lake City, Tochter: Evelyn Mae Rockhausen * 25.05.1920 † 08.08.1977). Seine Herkunft ist nicht bekannt.

Für Preußen war besonders die Zwangsauflösungs-Verordnung vom 19.11.1920 bedeutsam. Hiernach war die Auflösung der Fideikommisse entweder eine freiwillige - sofortige oder allmähliche - oder eine zwangsweise. Die Zwangsauflösung trat ein bei Wegfall des am 01.04.1921 vorhandenen Besitzers mit dem Übergang auf den zunächst folgeberechtigten Abkömmling. In dessen Hand wurde das Familiengut freies Vermögen.

Die politische Zugehörigkeit um 1920: Regierungsbezirk Merseburg (16 Kreise und zwei kreisfreien Städte), Kreis Querfurt (18 Amtsbezirke und fünf Städte), Amtsbezirk Burgscheidungen (mit Kirchscheidungen und acht weiteren Dörfer). Amtsvorsteher ist bis 1929 Adelbert Karl Werner Graf von der Schulenburg, Herr auf Burg- und Kirchscheidungen.

1921 wurde die Unstrut zusammen mit der Saale zur Reichswasserstraße erklärt.

1922 beginnt Werner Christoph Daniel Graf von der Schulenburg-Heßler, Fideikommissherr auf Vitzenburg mit der freiwilligen Auflösung des Fideikommisses Vitzenburg, die im gleichen Jahr beendet wird.

Im Jahr 1923 erreichte die grassierende Hyperinflation ihren Höhepunkt. Kostet im August 1923 ein Brot 69.000 Mark, sind im September bereits 1.512.000 Mark zu zahlen. Bei der Währungsreform im November 1923 entsprach eine Billion Papier-Mark einer Goldmark. Am 15.11.1923 wurde sie durch die Rentenmark als Übergangswährung abgelöst. 1924 wurde dann parallel die Reichsmark eingeführt. Beide Währungen blieben nebeneinander bis 1948 Zahlungsmittel gültiges Zahlungsmittel.


Burgscheidungen hatte am 16.06.1925 415, Kirchscheidungen 515 und Vitzenburg 1.189 Einwohner

Während der Weimarer Republik wies das neu geschaffene Wappen der Provinz Sachsen im Schildhaupt des Halbrundschildes in Silber einen linksblickenden, goldbewehrten schwarzen Adler aus. Darunter war der Schild neunmal gold-schwarz geteilt und mit einem grünen Rautenkranz schräg belegt.

1927 lässt sich Elisabeth Margarete Gräfin von der Schulenburg, geb. von der Schulenburg a.d.H. Wolfsburg (* 08.07.1892 oo 06.07.1912 † 30.01.1976) von Adelbert Karl Werner Graf von der Schulenburg, Herr auf Burg- und Kirchscheidungen scheiden. 1928 heiratet sie den bekannten Naumburger Fotografen Prof. Walter Hege (* 1893 † 1955) und zieht mit ihm nach Weimar.

Ab 1928 wurde durch eine Verwaltungsreform die bisherigen selbstständigen Rittergutsbezirke aufgelöst und neue Amtsgemeinden geschaffen. Auch im Kreise Querfurt wurden laut Beschluss des Kreisausschusses vom 23.02.1928 neue Amtsbezirke eingerichtet. Auf dem Rittergut Kirchscheidungen wurde Fritz Vetter im selben Jahr als Gutsinspektor eingesetzt und wohnte mit seiner Familie im Inspektorhaus. Nach Berichten von Orteinwohnern war er von 1933 bis 1938, als er mit seiner Familie Kirchscheidungen wieder verließ, Ortsbauernführer des Reichsnährstandes gewesen.

Zum 01.01.1929 wurden der Fideikommiss und die Rittergutsbezirke Burg- und Kirchscheidungen aufgelöst und der Amtsbezirk 12, Burgscheidungen neu gebildet (von 1928 bis ca. 1939). Zum Amtsbezirk Burgscheidungen gehörten die Landgemeinden Burgscheidungen (300 Einwohnern), Carsdorf, Dorndorf, Golzen (160 Einwohner), Kirchscheidungen (480 Einwohner), Plößnitz (72 Einwohner), Thalwinkel, Tröbsdorf (272 Einwohner) und Wennungen. Der bisherige Gutsbezirk des Rittergutes Kirchscheidungen war 194 ha groß (6 Flächen in der Gemeinde Kirchscheidungen, 2 Flächen in der Gemeinde Thalwinkel, 6 Flächen in der Gemeinde Tröbsdorf, 1 Fläche in die Gemeinde Carsdorf, 3 Flächen in der Gemeinde Dorndorf, 1 Fläche in die Gemeinde Plößnitz, wobei von den 19 Flächen nur 3 von erheblicher Größe und der Rest kleine, mittlere und Splitterflächen) und hatte 194 Einwohner. Die auf die Orte verteilten Grundstücke des Rittergutes Kirchscheidungen werden nun auf die Gemeinden verteilt in dessen Flur sie liegen. Sämtliche Grundstücke die in der Flur Kirchscheidungen werden der Gemeinde Kirchscheidungen zugeteilt. Durch die Vereinigung des Gutbezirkes mit der Gemeinde wuchs die Flächen auf 545 ha und die Einwohnerzahl auf 525. Gemeindevorsteher in Kirchscheidungen wird Otto Boy (II.). 1929 verliert Adelbert Karl Werner Graf von der Schulenburg ein Kündigungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Naumburg, und muss den Betriebsrat wieder einstellen und seinen Burgscheidunger Gutsinspektor entlassen. 1931 verlor er auch gegen den Landarbeiterverband eine Kündigungsschutzklage.

An dem so genannten „Schwarzen Freitag“ (25.10.1929), kam es an der New York Börse zu massiven Kursstürzen und in der Folge zur Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933. In Deutschland führte diese Entwicklung zu einer schweren Bankenkrise, zu zahlreichen Konkursen sowie zu Massenarbeitslosigkeit.

1929 waren folgende Einwohner gemeldet in Burgscheidungen 300, Golzen 160, Kirchscheidungen 480, Plößnitz 72, Tröbsdorf 272.

Anfang der dreißiger Jahre führte die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland zu finanziellen Schwierigkeiten und Verschuldung, andere sprechen von Misswirtschaft, zu einer Zwangsverwaltung der gräflichen Güter Burg- und Kirchscheidungen durch das Naumburger Gericht. Wertvolle Teile aus dem Schloss werden deshalb zu Geld gemacht. Auch wurde Land vom gräflichen Allodialgrundbesitz an Kleinbauern verkauft.

Das der Herr Graf (Adelbert Karl Werner von der Schulenburg) gerne einen über den Durst trank war Dorf bekannt. Nach einer Dorfgeschichte ließ er sich oft einen offenen Pferdewagen in seine Stammkneipe, den Ratskeller von Laucha, fahren. Der Kutscher wartete vor der Schänke, oft mehrere Stunden, bis der Herr Graf betrunken herauskam und sich - breitarmig im Wagen schlafend - zurück ins Schloss fahren ließ. Die beschriebene Szene mag sich wirklich einmal so zugetragen haben, jedoch hieraus ein Alkoholproblem zu konstruieren ist falsch, denn seiner Familie ist hiervon nichts bekannt.

Auf Vitzenburg stirbt am 17.06.1930 Werner Christoph Daniel Graf von der Schulenburg-Heßler, Fideikommissherr auf Vitzenburg, Krüssau, Weißenschirmbach, Klein-Eichstedt und Oberschmon (Kreis Querfurt), kgl. preuß. Rittmeister a.D., Erbkämmerer in der Landgrafschaft Thüringen, Rechtsritter und seit 1920 Kommentator der sächsischen Provinzialgenossenschaft des Johanniterordens und bis 1918 Mitglied des Preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit. Mit ihm stirbt das Haus von der Schulenburg auf Vitzenburg in männlicher Linie aus. In seinem Testament von 1925 hatte er seine Tochter Auguste Marie Anna Freifrau von Münchhausen, geb. von der Schulenburg (oo 10.06.1913 Rembert Freiherr von Münchhausen, Rechtsritter des Johanniterordens, Sohn des Gerlach Heino Freiherr von Münchhausen, Herr auf Herrengosserstedt, Seena, Braunsroda und Billroda, kgl. preuß. Oberleutnant a.D. und der Marie Henriette Caroline Louise Ehrengard Gräfin von der Schulenburg a.d.H. Bodendorf und Hohenwarsleben) als Alleinerbin eingesetzt. Die andere Tochter Marie Therese Anna von Jagow, geb. Gräfin von der Schulenburg-Heßler (* 22.01.1888 † 28.10.1980 oo 16.07.1908 Carl Ludwig von Jagow) wurde mit dem Nießbrauch an einigen Gütern abgefunden. Damit ging dem schulenburgischen Familienverband endgültig der Grundbesitz Vitzenburg verloren. Die Witwe Marie von der Schulenburg lebte mit ihrer Tochter Auguste Freifrau von Münchhausen weiter in Vitzenburg. 1929 stiftete Marie Therese Anna von Jagow, geb. Gräfin von der Schulenburg-Heßler, anlässlich ihrer Silberhochzeit, ein wappengeschmücktes Bleiglasfenster für die Kirche in Vitzenburg.

In den dreißiger Jahren lässt Adelbert Karl Werner Graf von der Schulenburg das Schloss Burgscheidungen unter kunstgeschichtlicher Maßgabe neu gestalten. Das ganze Haus wurde an das Stromnetz angeschlossen, erhielt in allen Teilen Wasserleitungen und konnte zentral beheizt werden. Auch die großen Räume im Barockteil des Schlosses, die bisher nur im Sommer bewohnt werden konnten, wurden renoviert und wohnlich gestaltet. Alle Kunstwerke des Hauses, Bilder, Porzellane und Möbel, die größtenteils noch aus der Zeit des General-Feldzeugmeisters stammte, wurden restauriert und fanden eine wirkungsvolle Platzierung.

1.400 Jahre nach dem Untergang des ersten Thüringerreiches, wurde am 14.06.1931 ein eigens für diesen Tag verfasstes Heimatspiel „Iring und Irmfried“ im Burgscheidunger Park aufgeführt.
Von 1931 bis 1934 war Ludwig Richard Witte (* 29.05.1866, 1866-1928 Dorfschullehrer, Kantor und Organist † 1950) Bürgermeister von Kirchscheidungen. In der Zeit von 1929 bis 1934 war er auch Amtsvorsteher.

An dem so genannten „Schwarzen Freitag“ (25.10.1929), kam es an der New York Börse zu massiven Kursstürzen und in der Folge zur Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933. In Deutschland führte diese Entwicklung zu einer schweren Bankenkrise, zu zahlreichen Konkursen sowie zu Massenarbeitslosigkeit.

1929 waren folgende Einwohner gemeldet in Burgscheidungen 300, Golzen 160, Kirchscheidungen 480, Plößnitz 72, Tröbsdorf 272.

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